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27.03.2025
Operation gelungen

Heute Vormittag hatte ich einen Termin im Chirurgisch Orthopädisches Zentrum Rhein-Hunsrück. Schon seit längerem hatte ich ein juckendes und sich veränderndes Muttermal entdeckt, dass der Arzt letzte Woche schon als bösartig bezeichnet und heute endlich aus meiner linken Flanke herausgeschnitten hat.

Mir geht’s soweit gut, es hätte schlimmer kommen können. Im Nachgang war ich heilfroh nicht selbst fahren zu müssen, denn auch wenn es nur eine örtliche Betäubung war, haut die mir schon ziemlich in den Kopf. Sobald ich meinem Schreibdrang nachgekommen bin lege ich mich ins Bett. Ich wette, ich werde lange schlafen, wie ein Baby.

Das Ankommen war schon interessant, weil das ankommen gar nicht so leicht war. Der Empfangsbereich war voller Menschen. Auf den zweiten Blick erkannte ich ein Rentnerpaar aus meinem Dorf, samt Tochter. Ich bekam eine Mappe und wurde in einen Wartebereich verwiesen. Dort nahm ich mein Handy und schaute mich in den unterschiedlichsten Blogs um.

Irgendwann kam der Arzt und entschuldigte sich bei allen Wartenden dass sie warten müssten. Er hatte wohl etwas falsch eingeschätzt, woraus die Verzögerung entstand. Für mich war das nicht schlimm. Da wir uns schon im Vorgespräch auf den ersten Blick gut verstanden hatten scherzte ich, dass er mich zum Ausgleich gerne für den Rest der Woche krank schreiben könne. Er grinste, hob den Daumen und meinte: Das kriegen wir hin!

Im Wartebereich gab es für wenige natürlich nur dieses eine Thema. Wartezeit, Wartezeit, Wartezeit. Ich hielt mich aus dem Gespräch gelangweilt heraus. Zwar gab ich kurz zu bedenken dass beim Arzt mit Wartezeit zu rechnen sei und einer der Anwesenden stimmte auch zu. Das schien aber die stark tätowierte (und eigentlich auch wirklich nette) junge Frau nicht davon abzuhalten, es ständig wieder zu erwähnen. Schlecht geplant, wenn der Ehemann oder Freund anscheinend nicht viel Zeit hat und man nicht bereit ist, mit dem Bus nach Hause zu fahren. Das waren allerdings Dinge die mich nicht interessierten und auch nichts angehen.

Zum Schluss kam ich mit einem jungen Rentner ins Gespräch. Der Mann hat sein Leben lang für einen Autovermieter gearbeitet und dabei die Menschen von ihrer besten Seite kennengelernt, was natürlich ironisch zu verstehen ist. Er kommt ursprünglich aus Mannheim, bereut es aber nicht nun hier im Hunsrück zu leben. Er hat sein Haus dort verkauft und nichts altersgerechtes in der direkten Umgebung gefunden, weshalb er nach und nach seinen Suchradius vegrößert hatte und letztendlich hier gelandet ist.

Schon wenig später war ich an der Reihe. Ich machte mich frei, legte mich hin, wurde mit kaltem Desinfektionsmittel besprüht und bin über’s Warten fast eingeschlafen. Nach etwas Zeit kam der Arzt, ich war inzwischen unerklärlich leicht nervös, wurde wieder mit kaltem Desinfektionsmittel eingesprüht und bekam eine Spritze gesetzt die mehr weh tat, als ich erwartet hatte. Aber alles überschaubar. Das er wenig später dann an mir herum schnitt merkte ich nur an seinen geübten Handbewegungen. Das Skalpell glitt gekonnt durch meine Haut, so wie man es aus Filmen kennt. Feine, einzelne Schnitte ergeben am Ende ein schönes, von Sehnen und Fett bereinigtes Schnitzel.

Das dauerte nicht lange. Gerade als ich das erste Blut an meiner Seite herunter fließen spürte wurde er angesprochen und er antwortete, dass er so gut wie fertig sei. Noch zwei, maximal drei Stiche, und ich war ordnungsgemäß zusammengeschnürt. Auch das pikste unangenehm, wer aber wie ich seit gut zwanzig Jahren verheiratet ist spürt diesen Schmerz schon gar nicht mehr.

Der Mann entschuldigte sich noch einmal, worauf ich erwiderte dass wirklich alles Top in Ordnung sei. Wir gaben uns die Hände wie zwei dicke Kumpels die sich schon ewig kennen, an einem Abend mit reichlich Bier und auf ewige Treue schwörend. Zumindest nicht ganz schlank sind wir beide tatsächlich.

Auch hier bekam ich wie schon so oft die Dankbarkeit des Personals zu spüren, wenn man einfach nur nett und geduldig ist. Die freuen sich dann immer richtig und versichern mir, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, wenn die Patienten raus gehen und einem ein schönes Wochenende wünschen. Manch einer da draußen scheint nicht zu verstehen, dass die in der Praxis keine Idioten sind sondern normale Menschen, die sich jeden Tag den Arsch aufreißen um etlichen Patienten zu helfen. Man muss sie dafür nicht in den Himmel loben, sie sind Dienstleister wie jeder andere auch. Aber Nächstenliebe und gegenseitiger Respekt erleichtert den Tag. Könnte der ein oder andere mal drüber nachdenken.

Lobend möchte ich aber an der Stelle all diejenigen hervorheben, mit denen ich gemeinsam gewartet hatte. Die waren ausnahmslos alle nett und verabschiedeten sich sogar unter Glückwünschen gegenseitig. Auch die stark Tätowierte machte da keine Ausnahme. Sie schien nett zu sein. Sie redet einfach nur gerne. Sehr gerne. Und das geht mir irgendwann auf den Sack.

Nun muss ich nur noch meine Krankmeldung an meinen Arbeitgeber weiterleiten, ganz wichtig. Entgegen meiner Erwartungen wurde ich tatsächlich für den Rest der Woche krank geschrieben. Ich sah mich morgen bereits wieder arbeiten. Schaden kann es allerdings nicht. Zum einen um den Heilungsprozess nicht zu gefährden, zum anderen wäre es schade um den schönen Sonnenschein, den ich dann nur von meinem Büro aus betrachten würde.

Das wirklich allerbeste kommt aber jetzt: Meine Frau hat mir verboten heute irgendwas zu machen. Das heißt ich darf faul sein. Tja, was will man da machen? In diesem Fall fühle ich mich doch tatsächlich weisungsgebunden.

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