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15.02.2025
Es ist Nacht
Samstag morgen 05:02 Uhr, ich bin seit knapp drei Stunden wach. Keine Ahnung wann ich gestern Abend auf der Wohnzimmercouch eingeschlafen bin, aber allzu lang geschlafen habe ich nicht.
Ich bin aufgewacht zu einem Deutschen Film, in dem eine erfolgreiche Gerichtsvollzieherin sich von ihrem Ex abkapselt den sie anscheinend noch immer liebt. Während ihre beste Freundin versucht ihr das auszureden, ihr Mann für gewisse Stunden mehr will und ihre verrückte Familie sie in den Wahnsinn treibt, rettet sie ganz nebenbei noch die Welt. Ich hatte mich noch nicht ganz fertig gewundert warum der Film so plötzlich zu Ende ist, als der nächste Film - selbe Machart, andere Geschichte - sich einreihte.
Meine eigene Frau hingegen schwächelt gerade ein wenig. Ich sitze nun an meinem Tisch und sie liegt hinter mir im Bett und wird krank. Der Hals schmerzt, der Kopf zieht sich zu. Wir kennen es bereits; sie wird sich das ganze Wochenende quälen und am kommenden Montag ganz pflichtbewusst den Dienst antreten. Sie ist die wirklich starke Frau und oft genug Retterin der Welt. Wie zum Ausgleich spendet sie Chaos und Verzweiflung, was wir ab und an lieben.
Jedenfalls wurden mir die Filme alsbald zu langweilig. Nachdem ich die Spülmaschine ausgeräumt und den Ofen angefeuert hatte, versuchte ich mich an dem Film Equalizer, Teil II. Ich finde Dencel Washington ganz stark, aber es war nicht an der Zeit fernzusehen, weshalb ich den Flimmerkasten ausgeschaltet habe. Ich machte mir eine Schüssel Haferflocken fertig, die nun vor mir aufquillt und kaum gegessen werden dürfte weil mein Heißhunger wieder verflogen ist, und ging raus um den Holzkorb aufzufüllen.
Ich blieb einen Moment in der Stille der Nacht stehen um sie auf mich wirken zu lassen. Ganz still ist es nie. Unter anderem hörte ich unsere Heizung brummen, aber auch ein Flugzeug am nahegelegenen Flughafen. Der Himmel interessierte mich nicht, ich blickte nur den Kirchturm an dessen Uhr halb fünf anzeigte, und auf die vielen Straßenlampen die helle Lichtkegel auf unsere Hauptstraße werfen.
Wieder drinnen versuchte ich, wie schon so oft, ganz leise nach oben zu gehen ohne meine Frau zu wecken. Ich machte das Licht aus, sie lag noch auf der Couch, leuchtete mit meinem Handy den Flur aus, trug in der anderen Hand meine Schüssel Haferflocken. Ich scheiterte, wie schon so oft. Den ersten Satz hatte ich noch nicht fertig geschrieben, da ging bereits das Licht im Flur an und meine kränkelnde Frau trat ein.
Gerade hat Motte es sich auf meinem Schoß gemütlich gemacht. Er mault immer wenn er Nähe möchte. Dann muss ich ihn rufen und er legt sich zu mir, schaut mich an. Gerne wird er wie ein Baby in Rückenlage im Arm gehalten, bis er mit einem tiefen Seufzen zu schnurren aufhört und einschläft. Er krallt sich immer wieder in meinen rechten Ärmel fest, genießt meinen warmen Schoß.
Eine Wärmflasche verbrennt mir den Rücken, ich lege sie abwechselnd an die gerade schmerzhafteste Stelle. Im Moment ist es wieder ganz schlimm. Es sind nicht die Knochen sondern die Muskeln. Besser gesagt, die Faszien. Vorhin noch zog es mir elendig in die rechte Leiste und, Pardon, mein rechtes Ei fühlte sich an als würde jemand daran reißen. Wer Rücken hat kennt das. Die, Pardon, Eier fühlen sich an, als wären sie in einem Schraubstock eingeklemmt den jemand unaufhörlich auf Spannung dreht.
Über die Woche konnte ich selbst am Tag wieder dieses Kribbeln in den Beinen spüren. Was neu ist sind Schmerzen in der linken Schulter. Als ob Rücken nicht schon genug wäre. Kinder, älter werden ist scheiße, lasst es. Nein, lasst es nicht, aber macht Sport, ernährt euch gesund und tut all die Dinge die euer Körper euch aufzwingt um sich wohlzufühlen. Egal ob ihr Spaß daran habt.
Gut. Ich bin relativ schmerztolerant und kann das ab. Eben habe ich noch meine Übungen gemacht und Linderung macht sich bemerkbar. Es ist die Beckenmuskulatur die ich, wieder einmal, mobilisieren muss. Verdammter Bürojob, verdammtes Sitzen. Das wird noch eine Zeitlang so gehen, dann bin ich wieder für längere Zeit schmerzfrei. Im Moment aber bin ich so steif wie ein Achtzigjähriger. Dabei sollte mein Becken nur in Teilen steif sein, nur nicht wie bei einem Achtzigjährigen.
Herr Hähnel, ich meine es ja nur gut mit dir!
, konnte ich mir
gestern morgen auf der Arbeit anhören. Als wir zuletzt dies und das
eingelagert haben musstest du ja unbedingt…
, konnte ich mir anhören,
während ich meine Hüften an den Wärme und Entspannung spendenden
Heizkörper presste. Krieg’ ich jetzt ernsthaft so ein dummes Gespräch
aufgedrückt?
, war meine Reaktion, und wir beiden grinsten uns an.
Ich rede vom Schlossermeister. Von dem, dessen Frau immer eine Leiter
bei sich hat, damit Typen wie ich sie am Arsch lecken können. Ich
schrieb mal von ihr, habe die Stelle aber anscheinend gelöscht.
Meine Tochter hatte sich darauf gefreut heute mit uns an den Bodensee zu fahren, was aus verschiedenen Gründen ausfällt. Weil wir aber beide nicht zu Hause unserer Langeweile erliegen wollen werden wir wohl doch irgendwo hin fahren. Shoppen kann sie vergessen, dafür habe ich keine Geduld und mein Rücken nicht die Ressourcen frei.
Ich denke an einen schönen Flecken Erde, wo man Kaffee trinken und
Kuchen essen kann, während die Welt draußen sich im Kleinen abspielt und
Gedanken und Fragen nach dem Und was jetzt?
ganz weit weg
sind.
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