Leicht - Kompakt
hosentaschenblog.org
04.02.2025
Kindheitserinnerungen
Es war in den Sommerferien. An das Jahr oder wie alt ich war kann ich mich nicht erinnern. Ich war vielleicht acht oder neun Jahre alt. Gefühlt befinden wir uns in den Achtzigern.
Wir stehen bei bestem Sommerwetter auf dem Bolzplatz, in meiner damaligen Heimatstadt Kastellaun, wo mittig ein großer Haufen Holzplatten und Bretter aufgeschüttet wurden. Als Beschäftigung für diejenigen, deren Eltern es sich nicht leisten konnten in den Urlaub zu fahren. Dieser Gedanke kam mir gerade zum ersten Mal, ich kenne den wahren Grund nicht aber ich vermute es.
Wir bauten damals Häuser, mit Hammer und Nagel. Dazu kamen wir am frühen Morgen in festen Gruppen zusammen, arbeiteten so sicher eine Woche oder zwei bis wir fertig waren. Ich erinnere mich nur Schemenhaft an die Bauten, wohl aber an einzelne Personen.
An einen dicklichen Jungen, der Michael geheißen haben muss. Und an ein Mädchen dass ich damals sehr mochte. Sie roch anders als die anderen. Sie roch… interessanter. Michael roch natürlich auch, nicht aber wie sie. Ihr Name muss Swenja gewesen sein. Sie hatte dunkles Haar und wenn ich ein Foto sehen könnte, ich wette ich hätte sie noch genauso in Erinnerung wie sie damals vor mir stand.
Ich glaube dass die beiden aus einem Dorf stammten. Mastershausen muss es gewesen sein. Swenja, oder hieß sie anders, lud mich genau einmal zu ihr ein. Gemeinsam mit Michael fuhren wir zu ihr und benahmen uns, wie Jungs sich eben benehmen. Ich glaube sie war ziemlich enttäuscht, jedenfalls geriet dieser warme Sommerabend schnell in Vergessenheit. Das wir damals so albern waren habe ich zwar wahrgenommen, aber nichts dagegen unternommen. Wer weiß wie wir den Abend sonst verbracht hätten.
Können Kinder schon lieben? War ich damals verliebt, oder einfach nur interessiert an einem Mädchen das gut roch? Ich weiß es nicht.
Ebenfalls erinnere ich mich, wie ich morgens pünktlich auf die
Baustelle
kam und die Kinder ordentlich begrüßte. Und ich
erinnere mich an den jungen Soldaten, der damals eingeteilt war uns zu
helfen.
Er war dünn, normal hoch gewachsen und hatte wenn ich richtig liege kurzes blondes Haar. Er war aufregend, seine Uniform war aufregend. Wir waren Soldaten gewohnt. Schließlich wuchsen wir im Kalten Krieg auf.
Tornado’s durchbrachen über unseren Köpfen die Schallmauer und die Kaserne war gerade einmal zwei Kilometer Luftlinie entfernt. Man brauchte nur die Bahnlinien zu überqueren die es heute nicht mehr gibt, genauso wenig wie das Sägewerk, und in Richtung Hasselbach gehen. Ein kurzer Fußmarsch für Kinder, die es gewohnt waren überall hin zu Fuß zu gehen.
Der junge Soldat konnte gut mit Kindern. Er tat verrückte Sachen. Wie zum Beispiel als er sich auf den Boden legte, den Kopf auf seinem Rucksack, und Briefe von seiner Freundin laß. Wir waren natürlich aufdringlich neugierig, weswegen er damit drohte uns auszuschließen, würden wir uns nicht benehmen. Wir fügten uns, erhaschten einige wenige Zeilen auf Papier, hörten was er zu lesen bereit war. Wir nahmen all die Gerüsche und Geräusche dieser Zeit in uns auf, waren sorgenlos und bauten unsere Häuser.
Ich höre schon meine Frau lachen. Augenrollend wird sie mich mit meinem schürzenjägerischen Nachbarn vergleichen. Ich teile aber nur die Erinnerungen so, wie sie die Zeit in meinem Kopf und auch meinem Herzen überdauert haben. Wenn ich an meine Kindheit zurückdenke wird alles wieder wach. Ich fühle was ich damals gefühlt habe, ich rieche wie der Sommer gerochen hat. Alles war intensiver, lebendiger, greifbarer, unbelastet.
Die Welt war eine andere. Ich war ein anderer.
Verwandte Artikel:
Kommentar via Mail, akzeptiere die Nutzungsbedingungen
Follow this link for more informations for english speakers!