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26.12.2024
Ein schnelles Ende
Wie jedes Jahr war auch dieses Weihnachten eine Sache von wenigen Wimpernschlägen. Wir haben es wie immer verbracht, mit wenigen Ausnahmen. Am Heiligen Abend waren wir doch tatsächlich in recht kleiner Runde, denn die Schwiegermutter meines Schwagers feierte ihren Geburtstag bei sich Zuhause. Da dieses Zuhause auch das Zuhause meines Schwagers samt Anhang ist, waren sie dieses Jahr nicht dabei.
Dafür feierten wir seinen Geburtstag, der fällt wie der des Sohnes einer Briefbekanntschaft auf den 25.12., geradezu spektakulär. Er wurde fünfzig. Aus dem Grund hat seine Frau einen Teil der Gemeindehalle gemietet und viele Freunde eingeladen. Den halben Tag hat er deshalb bei uns verbracht, um nichts von den Vorbereitungen mitzubekommen. Es wurde erst gefrühstückt, dann gesprochen und gelacht und dann… habe ich mich in mein Schlafzimmer verdrückt um zu lesen. Die gemeinsame Schwester war ebenfalls mit von der Partie, meine Anwesenheit war also nicht unbedingt Pflicht. Als ob ich mich sonst nicht auch schnell rausnehmen würde…
Am Nachmittag dann wurde er mit verbundenen Augen in die Halle geführt. Er hatte natürlich nichts geahnt, auch wenn sein Sohn neulich beinahe alles verraten hätte. Ich diente als Fotograf, weshalb ich heute knapp dreißig Fotos ausgewählt, bearbeitet, via WhatsApp versendet und für den realen Druck für meine analoge Schwiegermutter vorbereitet habe.
Gleich zu Beginn kam ich mit dem Mann einer Bekannten ins Gespräch, von der ich vor einigen Jahren erfahren habe, dass ich sie schon aus frühester Kindheit kannte. Sie ist die Tochter einer Deutschen und eines Amerikaners, der in Deutschland stationiert war und, soweit ich mich erinnere, im Irak-Krieg ums Leben kam. Ihre Mutter war mit einer meiner Tanten befreundet. Ich kann mich sogar noch daran erinnern, wie wir mal miteinander gespielt hatten, als ich meine Cousine besucht hatte. So klein ist die Welt.
Sie hat eine Gemeinsamkeit mit ihrer Mutter. Zwar ist ihr Mann Deutscher, aber auch Soldat. Er schraubt bereits seit achtzehn Jahren an Tornados herum. Ich habe mich recht schnell zu den beiden gesetzt und das Gespräch mit der Frage begonnen, was in seiner Abteilung von dem einhundert Milliarden Sonderpaket so ankommt und wie er sich in der Bundeswehr aufgehoben fühlt.
Was ich nicht wissen konnte, damit hatte ich sein Lieblingsthema angesprochen und so verbrachten wir den ganzen Abend damit, über Verwendungen, Übungen, Auslandseinsätze und vielem mehr zu sprechen. Ich merkte schnell dass der Mann Soldat mit Leib und Seele ist und darauf baut, Berufssoldat zu werden. Das Problem dabei; die geplante Abschaffung des Tornado fällt genau in die Zeit in der sein Zeitvertrag ausläuft. Was die Zukunft bringen soll ist daher ungewiss.
Außer mit ihm habe ich noch mit einem anderen Mann gesprochen der nur etwas Älter sein dürfte als ich und von allen nur Muschi genannt wird. Die Herkunft seines Spitznamens ist mir nicht bekannt. Ich bin mir aber sicher dass er einer der wenigen Menschen in meinem Leben sein wird, dessen Namen ich so schnell nicht vergessen werde. Er schraubt leidenschaftlich gerne an Autos, hat mir Bilder von seinen alten Opels und einem Mercedes gezeigt, dessen Aufbereitung irgendwann in der Zukunft stattfinden wird. Er ist verheiratet, Hundebesitzer und sowohl er als auch seine Frau wirken sehr geerdet und ruhig. Die beiden sind tiefe Wasser, das hat mir gefallen.
Der Abend war gelungen, Stimmung und Essen sehr gut, nur die Zeit verging leider viel zu schnell. Schön zu erleben waren die jungen Eltern, von denen ich zumindest ein Paar noch aus kinderlosen Zeiten kannte, und eben ihre Kleinkinder. Das gibt mir ein gutes Gefühl. Zum einen weil ich natürlich Vergleiche ziehe zu der Zeit, als wir selbst jene junge Eltern waren. Geil ist aber natürlich auch, dass uns nichts mehr Heim treibt. Während die Familien spätestens um neun nach Hause gehen, schauen wir entspannt zu wie unsere Kinder Feigling und andere alkoholische Getränke trinken und versinken dabei selbst in intensiven Gesprächen mit Freunden und Fremden.
Beide Kinder waren dann aber doch nicht den ganzen Abend da, denn meine Tochter ging krankheitsbedingt früh zu Bett. Als wir sie heute morgen dann zur Arbeit brachten war uns unausgesprochen bereits klar, dass wir sie sicherlich bald wieder abholen würden. Sie soll es wenigstens versuchen, wozu sie auch gerne bereit ist da sie das Team und die Arbeit liebt. Allerdings forderte man sie wenige Stunden später auf sich abholen zu lassen, ihre Stimme hatte inzwischen gänzlich versagt. Und das war dann mein Sonntag Vormittag. Just zu dieser Zeit wollte ich nämlich damit anfangen einen Artikel zu schreiben oder Bilder zu bearbeiten.
Stattdessen fuhr ich wieder Auto um meine Tochter vom Arbeitgeber zur Ärztlichen Notfallstation und von dort aus in die Notfallapotheke zu fahren. Da wir hier auf dem Land leben wird sich niemand wundern, dass wir alleine dafür wieder knapp einhundert Kilometer zurücklegen mussten. Sie bekam Antibiotika und verschiedene andere Medikamente verschrieben. Das schönste aber, sie darf nicht sprechen. Was ihre Stimmbänder schonen soll ist gleichzeitig Balsam sowohl für meine Ohren, als auch für meine Nerven. Ich könnte damit leben, würden beide Damen ein solches Rezept des öfteren verschrieben bekommen. Wir verständigen uns nun provisorisch per Handzeichen oder sie tippt in ihr Handy, was wir dann ablesen können. So soll es nun mehrere Tage zugehen.
Am Nachmittag kam dann noch meine Mutter vorbei, der ich gestrickte Strümpfe meiner Schwiegermutter überreichte. Sie blieb etwa eine Stunde. In dieser Zeit unterhielten wir uns über so vieles, so manches Thema ergänzte der Große mit seinem Fachwissen welches er sich bereits während seiner Ausbildung in der Kreisverwaltung angeeignet hat.
So schnell gehen drei Tage Weihnachten vorbei. Schlimmer noch, ich
hinkte sogar mit meiner Annahme das morgen erst Donnerstag sei der Zeit
einen ganzen Tag hinterher. Was umso ernüchternder ist, weil von der
ersten Woche meines Urlaubs nicht mehr viel übrig ist. Ein wenig
profitiere
ich von der Wirtschaftsflaute. Denn würden wir nicht
so wenige Aufträge haben, müsste ich bereits kommende Woche wieder
arbeiten. So komme ich auf ganze zwei Wochen, worüber ich nicht traurig
bin.
Wenn ich Urlaub und somit keine festen Verpflichtungen habe, verliere ich jegliches Zeitgefühl.
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