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hosentaschenblog.org
28.11.2024
Zukunftsängste - 2 Kommentare
Etwas, das viele Menschen derzeit haben. Sie schauen besorgt in das kommende Jahr, fragen sich vielleicht wie es weitergeht. Der Wirtschaft geht es schlecht. Das hört man den ganzen Tag im Radio, sieht es in den Nachrichten oder liest es in Zeitungen und natürlich auch in verschiedenen Blogs.
Mein Arbeitgeber hat damit begonnen, vertraglich befristete Kollegen zu entlassen. Ein Schlosser hatte noch Nachtschicht, als er dann Mittags erfahren musste dass er sofort Resturlaub abbauen und dann das Unternehmen verlassen würde. Zwei KollegInnen aus der Verwaltung geht es ähnlich, eine wird zum Januar gehen müssen. Der andere hat wohl noch etwas Zeit bis die Frist ausläuft, ohne die erhoffte anschließende Festanstellung.
Das Thema Kurzarbeit steht im Raum. Wir gehören zu einer Gruppe, das größte Werk hat wenn ich es richtig verstanden habe für mindestens drei Monate ab Jahresanfang Kurzarbeit angemeldet. Bei uns soll die Auftragslage noch ganz gut aussehen. Jeder der schon länger im Betrieb ist weiß aber, wir können auch produktiver.
Die KollegInnen reagieren ganz unterschiedlich. Manche sind gelassen, andere rechnen mit dem schlimmsten. Insgeheim fragt sich wohl jeder, ob oder wann die schlechte Nachricht kommt. Die Alteingesessenen kennen das schon. Sie standen schon einmal, damals aber ganz plötzlich, vor verschlossener Tür. Ich selbst habe in diesem Betrieb bereits eine Insolvenz mitgemacht und erlebt, wie unser jetziger Arbeitgeber uns aufgekauft hat.
Tatsächlich kann ich sagen, dass ich diese Krisen seit meinem Einstieg in das Arbeitsleben immer wieder erlebt habe. Mein Lehrbetrieb wurde ebenfalls durch ein größeres Unternehmen geschluckt. Der folgende Arbeitgeber hat mich noch in der Probezeit wegen Arbeitsmangel mit vielen anderen entlassen, kurz darauf wieder eingestellt und dann drei Jahre darauf aus dem gleichen Grund wieder entlassen. Darauf folgten sieben Monate bei einem Arbeitgeber den ich gar nicht mochte und bei dem ich nur blieb, weil ich Verantwortung für eine Familie zu tragen hatte.
Das war mit eine der schlimmsten Erfahrungen. Die Arbeit passte nicht zu mir und ich weiß noch genau, wie ich das erste Mal durch den Eingangsbereich gegangen bin. Es fühlte sich an, als ob die Welt ein wenig dunkler würde als ich mich unter dieses Joch beugte. Ich war damals sehr deprimiert, aber auch das ging vorbei.
So kam ich vor so ziemlich genau elf Jahren zu meinem heutigen Arbeitgeber, mit dem ich das eben beschriebene erlebt habe. Ich kann also sagen, ich habe da schon so meine Erfahrungen. Immun gegen Ängste macht mich das nicht, aber zuversichtlicher auf jeden Fall. Natürlich frage ich mich auch, ob ich die Stelle behalten kann. Wie wird es wenn ich in dieser angespannten Lage, es werden ja viele arbeitslos, tatsächlich auch meinen Job verliere? Kann ich mein Einkommen halten, meine Rechnungen bezahlen? Das neue Auto war nicht ganz billig und Pläne für eine weitere Anschaffung hatte ich bereits erwähnt.
Und selbst wenn wir auch diese Krise überstehen ist die Zukunft des Betriebs fraglich. Man versäumt es junge Menschen anzuwerben, sich attraktiv zu machen. Die wenigen Jungen die da sind verlieren wir durch die Befristung. Der Rest ist so alt das wir sie in den kommenden zehn Jahren nach und nach an die Rente verlieren und somit auch ihr Wissen. Um das mal zu verdeutlichen, mit zweiundvierzig Jahren bin ich eher einer der jungen Mitarbeiter. Aber deshalb wechseln? Ist es woanders wirklich besser? Wie zukunftssicher sind potentielle Arbeitgeber wirklich aufgestellt und wird das Team dort genauso gut sein? Welches Unternehmen in meiner Region bedient bereits jetzt den Markt der Zukunft?
Hier kommt ins Spiel, wie man mit solchen Gedanken umzugehen gedenkt, wie man der Herausforderung begegnet. Nun, ich bin nicht gerne hilflos und von jammern alleine ist noch nie was besser geworden. Also entscheide ich mich für das Anpacken und besinne mich auf meine Stärken. Das kommt mir ganz gelegen, denn im Moment steht die recht umfangreiche Jahresinventur an und das lenkt ab.
Heute morgen habe ich eine E-Mail mit Vorschlägen an meine Chefs geschrieben, wie mein Kollege und ich uns die Erweiterung unserer Lagerflächen vorstellen. Wir hatten das Gespräch vor zwei Tagen mit der Werkleitung besprochen, ich wollte diese Punkte noch einmal schriftlich festhalten und habe sie im gleichen Zug noch ausgeschmückt. Beschrieben wie unsere Vorstellungen sind, den Ist Zustand und eine zukünftige Umsetzung gegenüber gestellt. Was die Vorteile sind und alles sowas.
Morgen werde ich in den Keller gehen und die Inventur weiter durchführen. Nebenbei kümmere ich mich noch um die Wareneingänge, buche und lagere sie ein. Nicht alle Kollegen gehen so an die Sache ran. Sie lassen Arbeiten liegen, verbreiten miese Stimmung oder spielen sich künstlich auf. Das ist meine Sache nicht. Mich ärgert im Gegenteil ihre Unbedachtheit. Jedes Mal wenn ein Kollege nicht alles gibt oder selbstsüchtig krank macht schmälert das den Gewinn und gefährdet somit die Zukunft aller.
Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung wie das kommende Jahr wird oder was überhaupt noch auf uns zukommt. Sowohl was die Arbeit betrifft, aber auch weltpolitisch und die daraus auf mich wirkenden Veränderungen. Ganz gleich ob wirtschaftlicher oder gesellschaftlicher Natur. Klar ist, die fetten Jahre sind erst einmal vorbei. Das war uns doch aber schon lange klar und das hat nach meiner Ansicht überhaupt nichts mit der aktuellen Regierung zu tun. Die Risse die jetzt immer breiter werden gibt es schon sehr lange. Die Dinge ändern sich und werden es wieder tun, auch zum Guten hin.
Die Geschichten und Gesichter dieser Zeit sind in gewisser Hinsicht auch ein Spiegel für uns selbst. Der Nährboden der kommenden Jahre und wegweisend in eine Zukunft, die für viele schon immer zweifelhaft war.
Um vielleicht eine Antwort auf den heutigen Titel zu geben; Ich habe keine Zukunftsängste. Ich bin besorgt, hoffe auf das beste. Von Sorgen und Ängsten will ich mich aber nicht leiten lassen. Das Leben geht weiter bis es eben endet und vieles was in den Köpfen der Menschen passiert ist von anderen herbei geredet.
Erwähnungen:
iberty.de - 24-12-01 Vom Zuhören (Stille – Cluster – Da da da daa)Verwandte Artikel:
ClaudiaBerlin von Digital Diary schreibt am 03.12.2024:
Danke für diesen interessanten Bericht aus deinem Arbeitsleben!
Macht sich die Firma eigentlich keine Gedanken zum Problem, dass ein Team aus Menschen, die bald in Rente gehen, für die Zukunft nicht gut aufgestellt ist?
Dein "Hosentaschenblog" finde ich von der Machart her erstaunlich, einzigartig, toll! Was du dir da für eine Mühe machst, Platz zu sparen - warum eigentlich, wenn du doch nur 7% des Hostings nutzt?
Auch die Art des Kommentierens ist unique! Selbst versuche ich, den Mitlesenden so wenig Hürden wie möglich in den Weg zu stellen - und du machst gerade das Gegenteil. Mich schreckst du nicht ab, wie hiermit dokumentiert sei! :-)
Dein Blog habe ich in meine Blogbibliothek aufgenommen, weil du dankenswerterweise einen Feed anbietest. Hoffe, das ist ok!
Wünsche weiter Freude am Bloggen und eine hoffentlich friedliche Vorweihnachtszeit!
Daniel schreibt am 03.12.2024:
Hallo Claudia,
ich habe zu danken für deinen Kommentar und die Aufnahme in deine Blogbibliothek. Du ahnst nicht wie sehr ich mich gefreut habe deinen Namen in meinem Posteingang zu lesen als jemand, der immer wieder gerne bei dir mitliest und auch bereits kommentiert hat.
Was die Vorstellungen meines Arbeitgebers hinsichtlich eines tragfähigen Konzepts für die Zukunft angeht kann ich nur vermuten. Als internationaler Konzern steht er in einer schwierigen Branche unter Druck Kosten zu drücken, das muss man ihm schon eingestehen.
Wir sind auch recht klein im Vergleich zum Rest und es dürfte in den Büchern kaum auffallen, sollten wir verloren gehen. Um den Betrieb selbst in einer industriell mager besetzten Region wäre es dennoch schade.
Danke! :) Tatsächlich sind es inzwischen sogar kaum noch 1%. Aus meiner Sicht hat das mindestens drei Vorteile:
Die Kommentarfunktion wie ich sie anbiete ist zum einen der Einfachheit meines Blogs geschuldet. Zum anderen sorgt sie aber auch dafür dass mir nur Menschen schreiben, die auch tatsächlich etwas zu sagen haben. Das spart mir Arbeit und verschont mich von nichtssagenden Kommentaren.
Auch dir weiterhin erfolgreiches Bloggen und eine Gute Zeit über die Feiertage hinaus!
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