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14.11.2024
Perspektiven

Auf meinem Arbeitsweg komme ich an einer freistehenden, recht großen Gruppe von Birken vorbei. Heute mittag habe ich mir die Zeit genommen sie mir genau anzuschauen. Ich war begeistert von dem das ich da sah.

Sie liegen auf der linken Seite hinter einer leichten Kurve, auf die eine lange Gerade folgt. Diese Stelle nutzen viele um noch schnell den Vordermann zu überholen, aber sicher nicht um einen Augenblick inne zu halten.

Würden sie es tun böte sich ihnen ein wunderbarer Anblick, den ich mit der Kamera niemals einfangen könnte. Ein Maler könnte das sicherlich, insofern er die passenden Farben hätte.

Davor steht ein einzelner Hochsitz, dessen Braun- und Grüntöne sich wunderbar ins Gesamte fügen. Dahinter dann besagte Birken, im herbstlichen Kleid. Die Stämme sind rötlich braun und weit bis in die Spitzen kahl. Dort dann die Krone, ihre Blätter in den unterschiedlichen Farben präsentierend.

Den Anfang macht das typische gold, worauf dann ein dunklerer Braunton folgt. Die Spitzen sind noch sanft grün. Wunderschön stehen sie da. Die Krone in der Form wie ein einzelnes Blatt, oder der Flamme einer Kerze. Sanft und wiegend, Gemütlichkeit versprechend.

Fährt man etwa dreihundert Meter weiter verliert sich der Zauber im Detail. Einzelne freie Stellen werden sichtbar, der Hochsitz wirkt gewöhnlich. Das homogene Bild das aus der Ferne entsteht und mich so verzaubert, wandelt sich in eine Ansammlung von Bäumen, die sich unnatürlich vom Rest der umgebenden Natur absetzen. Der menschliche Einfluss wird sichtbar.

Eine andere Situation, ein ähnliches Erlebnis.

Fahre ich im Winter wenn Schnee liegt über eine Kuppe, dann kann ich aus erhöhter Position auf einen Wald in gut fünfhundert Meter Entfernung blicken. Die Kronen sind dann wie betupft, es ragen nur pünktchenweise Äste aus dem Schnee heraus. In den wenigen Sekunden die man benötigt um die Strecke bis ins Tal zu überwinden, könnte man glauben man blickte auf eine große, bis zum Rand gefüllte, mit Schaum bedeckte Tasse Cappuccino. Und auch hier ändert sich die Perspektive.

Erreicht man die nach links führende Kurve, stehen kahle Bäume am Straßenrand. Viel Laub das vergeht. Ein weiter Blick zwischen Stämme, hier und da Fels. Im Sommer aber, wenn der Wald von der Kuppe aus fast langweilig wirkt in seinem dunklen Einheitsgrün, wenn man die gleiche Stelle wieder erreicht, ja dann bietet sich einem ein ganz anderes Bild.

Hohes Gras am Straßenrand. Viel helles grün an dünnen Ästen die sanft herunterragen. Es ist fast unmöglich beim vorbeifahren in den Wald zu sehen. Sicher, die Stämme zeigen sich schon hier und da. Lassen kurze Blicke zu in ein Reich, in dem Rehe ihre Jungen aufziehen und Vögel von der Liebe zum Leben singen.

Die Farben sind freundlicher, schmeicheln dem Auge. Es wächst der Ginster, die Schatten bilden einen angenehmen Kontrast zu der Hitze auf der Straße oder der von Schafen beweideten Wiese. Sie liegen direkt nebenan, auf der anderen Straßenseite.

Die Natur ist schön. Wir müssen uns nur einen Augenblick Zeit nehmen und schon sehen wir. Aber nicht nur. Wir hören, riechen, schmecken, tasten. Der Zauber ist da, alles was zählt ist die richtige Perspektive.

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