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29.09.2024
Von schlechter Erziehung
Eltern neigen bekanntlich dazu, andere Eltern anhand ihres Umgangs mit ihren Kindern zu be- bzw. zu verurteilen. Ich bin da keine Ausnahme. Allerdings versuche ich es nicht in diesem zerstörerischen Maß wie manch einer es tut. Ich bemühe mich Dinge fair einzuschätzen und abzuwägen, ohne die Eltern in eine Ecke zu stellen. Allerdings, wenn ich Dinge sehe die mir arg gegen den Strich gehen, mache ich keinen Hehl aus meiner Meinung. Man muss nicht alles gut finden.
Totzdem sollte man Eltern nicht ständig mit allem auf die Nerven gehen und versuchen, ihnen die eigenen Vorstellungen aufzuzwängen. Wir haben uns, als unsere Kinder noch klein waren, oft auch nichts von anderen sagen lassen. Wir hatten eigene (Werte)Vorstellungen und Prioritäten und wem das nicht gefallen hat, der brauchte nicht zu kommen.
Das gleiche beobachte ich bei anderen Eltern genauso und ich habe kein Problem damit, das zu akzeptieren. Ganz im Gegenteil, es ist ihr gutes Recht. Als Papa von (fast) großen Kindern ist es oft spannend für mich zu sehen, wie andere Eltern Dinge lösen. Das kann erhellend und zufriedenstellend sein, oder auch nicht. Ich betrachte diese Situationen als Außenstehender oft mit einem guten Gefühl, weil ich mich darin wiederfinde. Ich kann die Dynamik verstehen und sehe, wie sie auf beide Seiten wirken.
Das wir nicht immer alles richtig gemacht haben, geschenkt. Im Nachhinein wirkt vieles anders als gedacht und so manchen Abend bin ich mit Selbstzweifeln ins Bett gestiegen und war hin und her gerissen, ob dieses oder jenes nun besser gewesen wäre. Viele Entscheidungen müssen schnell getroffen werden. Wenn dann die Zeit kommt darüber nachzudenken ärgert man sich. Soweit alles gut und den Eltern dieser Welt kein Geheimnis. Mir geht es heute eher um die Eltern die, wenn ich meine Vorstellungen von Gut und Richtig auf sie anwende, in Teilen oder sogar vollkommen versagen.
Im Geiste bin ich bei bestimmten Personen. Sie sorgen familienintern (Familie ist die Hölle) immer wieder für Aufregung mit dem, was sie für tolerierbar halten und was ihre Kinder alles dürfen.
Was ich zum Beispiel ganz gut ignorieren kann ist, wenn Kinder ständig Süßigkeiten bekommen. Das ist etwas, was wir immer stark reklementiert haben. Es gab Süßes, kein Problem, aber auch nur in Maßen und erst nachdem etwas ordentliches gegessen wurde. Und auch mit den Süßgetränken waren wir deutlich verhaltener, aber sei es drum. Es macht mir nichts aus. Es ist ihre Sache. Wenn sie glauben, dass ihr Kind zu jeder Zeit etwas Süßes haben darf und dafür die Hauptmahlzeit liegen lässt ist das deren Entscheidung.
Genauso auch wenn man nicht für feste Schlafenszeiten sorgt. Diese Entscheidung müssen die Eltern, zumindest vor dem Kindergarten, selbst ausbaden. Ich kann mich an eine Situation erinnern, wir waren zu Besuch bei Verwandten, als es darum ging die üblichen Zeiten einzuhalten. Ich hatte darauf bestanden zu fahren, was allgemein nicht gut ankam. Was wir denn machen würden, wenn wir mal woanders wären. Wie anders sollte es denn noch werden können?
Wir haben erlebt dass die festen Zeiten unseren Kindern gut getan haben. Sie mochten es nicht immer, haben sich aber gefügt und profitiert. Auch für uns Eltern waren diese Zeiten wichtig. Denn wenn Kinder schlafen hat man selbst Zeit ein wenig auszuruhen oder den Abwasch zu machen. Mit zunehmenden Alter wurden sie dann nach und nach erweitert. Natürlich gibt es Kinder, die Zeiten gar nicht einhalten wollen und einen ganz komischen Schlafrhythmus haben. Darum geht es hier aber nicht, sondern um das Nicht Schaffen von festen Strukturen.
Was mich persönlich total fuchst und wo ich auch kein Blatt vor den Mund nehme, ist der ständige Medienkonsum. Ein Kleinkind braucht kein eigenes Tablet. Bei den Personen die ich ansprach kann man täglich beobachten, wie ein Kind zur Gänze gedanklich in dem Gerät versinkt. Nichts von aussen mitbekommt. Oder will es gar nichts hören? Auf viele Aufforderungen reagiert es nicht. Da leitet man gleich Gemeinsamkeiten mit schwierigen Charaktereigenschaften der Eltern und deren Verwandten ab. Ein hartes Urteil? Ungerecht?
Oft sind es die mangelnden Strukturen, die für Kritik und Unmut sorgen. Wenn gegessen wird gehört das Tablet, dass es gar nicht geben sollte, ausgeschaltet und das Kind an den Tisch. Nicht das Kind mit dem Tablet am Stuhl stehend und sich dem Essen verweigernd.
Ich muss an der Stelle Fair sein. Meine Kinder sind selbst kaum auch noch von Medien wegzubekommen. Das Große Aber das ich davor setze ist, dass sie einen strammen Alltag haben. Beide gehen arbeiten, beide haben ein familiäres und freundschaftliches Umfeld das sie pflegen. Sie sind alt genug, oder zumindest älter. Bei einem Kleinkind ist das Gehirn noch nicht komplett entwickelt. Es braucht Kontakt zu seinem Umfeld. Sprache, Haptik, Geruch und Geschmack, Bewegung und Eindrücke. Das sind alles Dinge, die Videos nie werden ersetzen können, die aber absolut wichtig für die frühkindliche Entwicklung sind. Um mal einen Fachbegriff zu verwenden.
Das alleine könnte ich vielleicht trotzdem noch irgendwie ignorieren. Wenn das Kind Videos rauf und runter schaut stört es meinen Frieden in keinster Weise. Warum nicht darüber hinweg sehen? Dazu komme ich gleich noch.
Was mich dann wirklich ärgert, ist das Bild das trotz aller Missstände nach außen transportiert wird. Es gibt Bilder von den Kindern, schön mit Krawatte unter den süßen Kulleraugen. Alles soll perfekt und modern sein. Wir gehen essen, wir leben eine eigene Realität im WhatsApp Status. Und wie wichtig es ist, dieses Bild aufrecht zu erhalten. Die Kinder selbst können ja gar nichts dafür, sie wachsen in diesem Umfeld ja nur auf. Das Problem dabei ist, sie werden diese Werte übernehmen. Diese Erziehung, nach Außen Hui aber Innen Pfui, kann ich gar nicht leiden.
Daher ist es schwierig fair zu bleiben, sich ganz raus zu halten. Wir haben aber auch schon erlebt, dass ein ständiges Kritisieren oder Versuche, einen Wandel herbeizuführen, nichts gebracht haben. Woraus dann letzten Endes, vielleicht auch aus Resignation, meine Vorstellung gewachsen ist, dass eben jeder sein Päckchen selbst zu tragen hat.
Den Schaden der daraus erwächst trägt die Gesellschaft. Das fängt im Kindergarten an, wenn ErzieherInnen den Kleinen erst einmal beibringen müssen still zu sitzen. Auf einem Stuhl, am Tisch. Nur essen, nichts anderes. Oder mal was basteln, ohne ständig etwas neues anzufangen. Viele bringen doch nicht einmal dafür die Konzentration auf. Weiter geht es dann in den Schulen, wo Lehrer sich mit verzogenen und oft frechen Dumpfbacken rumärgern müssen. Letztere sind es dann auch, die Kindern mit wirklichem Potential die Lust am Lernen nehmen. Und wenn die Schule zu Ende ist, man keine Lust hat aufzustehen und eine Ausbildung zu machen, ins Berufsleben zu starten? Dann wird man eben nichts. Die Gesellschaft fängt ja jeden auf. Sollen doch andere für mich arbeiten.
Neben den vielen anderen Problemen die wir haben, trägt schlechte Erziehung meiner Meinung nach zu einer stetig zunehmenden Verweichlichung und Verdummung der Gesellschaft bei. Und es scheint, als könnte man nichts daran machen. Dann stelle ich mir aber auch wieder die Frage, wass will man dagegen machen?
Natürlich soll jeder das Recht haben, seine Kinder nach seinen Vorstellungen zu erziehen. Aber wie weit geht dieses Recht? Wenn Kinder von dem abweichen, was wir Allgemein als Gesund und gut Entwickelt verstehen, müssen wir dann nicht einschreiten? Ich spreche nicht von den Fällen, in denen wir das Jugendamt brauchen, sondern von Entwicklungen die zu einem gesamtgesellschaftlichen Schaden führen. Aber wer soll das kontrollieren und wer soll es umsetzen? Wie oft schon haben zum Beispiel Kinderärzte bestehende Defizite angemahnt? Und wer denkt als Deutscher jetzt nicht an Nazi Deutschland, als man Kinder im besten Sinne für das Vaterland erziehen wollte? Ja, weit gegriffen, aber auch nicht ganz von der Hand zu weisen.
Als Teil dieser Gesellschaft, als Laie in Themen wie Kindliche oder auch Gesellschaftliche Entwicklung, sehe ich mich nicht in der Lage eine gute Antwort auf diese Fragen zu geben. Weil sie wie ein Schuh sind der nicht an jeden Fuß passt. Ich bin einfach skeptisch was unsere Zukunft angeht. Ich glaube aber auch dass unsere Eltern und deren Eltern es nicht besser gemacht hätten. Sie hatten andere Probleme und würden heute sicherlich genauso entscheiden wie wir es tun.
Ich hoffe nur, dass wir in absehbarer Zeit das nötige Maß finden um die Kurve zu kriegen. Tendenzen gibt es. So wollen verschiedene Länder bereits den Digitalen Unterricht wieder ganz oder zumindest teilweise abschaffen. Damit lösen wir aber nicht die Probleme Zuhause in den Haushalten.
Wie ich es schon einmal erwähnt habe. Wir (er)leben einen ständigen Wandel hin zu einer oft ungewissen Zukunft. Ich will niemandem Werte oder die Zehn besten Skills vorschreiben, die man unbedingt beherrschen muss um gute Eltern zu sein und Teil einer erstrebenswerten Gesellschaft zu sein.
Ich glaube einfach nur, wir können es besser!
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