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18.03.2023
Lieber Briefe oder doch eine E-Mail?

Rainer schrieb zu Alex Artikel folgenden Kommentar:

Das schreiben von Briefen auf Papier z.B. ist doch bei vielen Jugendlichen gar nicht mehr möglich. Wieviele Briefe habe ich mir mit meine Frau in jungen Jahren geschrieben. Das Gefühl auf die Postzustellung zu warten und dann zum Briefkasten zu gehen, in der Erwartung das ein Brief da ist. Dieses Gefühl gibt es doch in Zeiten von Mail, WhatsApp und Messanger nicht mehr.

Da ich früher selbst gerne mit verschiedenen Menschen Briefe geschrieben habe kann ich was Rainer da sagt sehr gut nachvollziehen. Ich kenne den Gang an den Briefkasten und das elende Gefühl, wenn wieder ein Tag ohne Antwort vergeht. Aber auch die Freude wenn man die erhoffte Antwort eines bestimmten Adressaten vorfindet und den Moment, während man den Briefumschlag öffnet und die ersten Zeilen liest.

Die Briefeschreiber waren gerne kreativ, bemalten die Ränder oder gar den Briefumschlag selbst, schickten Zeichnungen oder Fotos und manches mehr mit. Ich hatte mal eine Freundin die wiederum eine Freundin hatte, mit der sie in regem Kontakt stand. Es wurde nicht nur telefoniert, sondern auch mindestens einmal wöchentlich ein Brief geschrieben. Dabei war man dann sehr kreativ um den anderen zu ärgern. So packte meine Freundin Glitzerstaub in den Umschlag, ihre Freundin rechnete natürlich nicht damit und hatte die ganze Sauerei auf der Couch verteilt.

Beim nächsten Brief revanchierte diese sich, indem sie den Glitzerstaub so im Brief verstaute, dass er erst heraus fiel als der Brief aufgeschlagen wurde. Aus diesem Grund wurden Briefe eine ganze Zeit lang nur in fremden Wohnungen geöffnet, damit andere den Dreck hatten. Man kann also sagen, die Zeit in der ich und andere noch Briefe geschrieben haben war eine sehr schöne. Man könnte es beinahe vermissen, aber es gibt auch Dinge die dagegen sprechen.

Zeichnungen oder Fotos zum Beispiel kann ich auch super einfach an eine E-Mail anhängen. Außerdem muss ich persönlich niemandem mehr zumuten, meine Sauklaue zu identifizieren. Für einen Brief muss Papier hergestellt und recycelt werden. Ein Grund mehr, weshalb Die Jugend sowas heute vielleicht nicht mehr macht.

Letzten Endes hat sich doch nur das Medium geändert, die Freude und das Warten auf eine neue Nachricht ist zumindest bei mir (leider) noch immer gleich geblieben. Ich warte manchmal tagelang auf die Mail bestimmter Personen, weil ich unbedingt wissen will wie es weitergeht und wie sie über meine Zeilen denkt.

Aber statt dem Gang zum Briefkasten zu erledigen, kontrolliere ich eben am Rechner den Posteingang. Der Brief war was das angeht tatsächlich gnädiger. Früher wusste man genau wann die Post kommt, man hörte das Geräusch des Autos oder Schritte im Flur, sah den Postmann vom weiten oder lauschte mit gespitzten Ohren ob der Briefkasten klapperte. Wenn sich nichts darin befand hatte man Gewissheit, es würde keine Post mehr kommen und man hatte den Kopf frei für andere Dinge. Eine E-Mail kann zu jeder Tages- und Nachtzeit kommen, so stehe ich also auch oft rund um die Uhr unter Strom in der Erwartung an eine baldige Antwort. Oft ist es so dass ich morgens wach werde und als erstes meinen Posteingang am Handy kontrolliere und wieder einmal enttäuscht bin, weil wirklich kein Mensch mit mir schreiben will. 😥️

So gesehen ist es gar nicht schlimm dass es heute weniger Menschen gibt die Briefe schreiben. Wenn dem überhaupt so ist, vielleicht nehmen wir es auch einfach nur noch seltener war. Sie könnten es noch immer. Dass sie es aber nicht tun ist letztlich eine ganz natürliche Entwicklung. Wir nennen es Schwindende Beliebtheit, das ist halt einfach so. Dadurch wird die Welt aber nicht automatisch ärmer oder schlechter.

Eine E-Mail kann genauso schön und voller Liebe und Freude sein wie ein Brief. Es sind die kleinen Dinge die wir zwischen die Zeilen packen, wie wir schreiben und wie viel Aufmerksamkeit wir dem Schreiben widmen. Das Medium spielt dabei eine untergeordnete Rolle.

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