Leicht - Kompakt

hosentaschenblog.org

01 Februar 2023 - Ukrainekrieg - Lieferung schwerer Waffen sinnvoll?

So lautete der Titel der Veröffentlichungen vom 29.01.2023 auf halbweise.de, dem Thema dass ich vorgeschlagen habe. Wie angekündigt möchte ich hier noch einmal gesondert meine Meinung niederschreiben, auf halbweise erscheint wenig später dann mein Fazit welches ich aus Alex und Holger's Artikeln ziehen werde.

Natürlich war ich, wie so viele Menschen rund um den Globus, seit Beginn des Konflikts auf der Seite der Ukrainer. Vor Beginn der Invasion wurde das Thema, nach meiner Empfindung, eher stiefmütterlich behandelt. Es ging maximal um die Lieferung von 5.000 Helmen zur Unterstützung der Ukrainischen Truppen. Ich hatte den Eindruck Deutschland war eher noch mit den Nachwirkungen der Wahl, der Naturkatastrophe im Ahrtal und dem Rückzug der Bundeswehr aus Afghanistan beschäftigt, zumindest sprach in meinem Umfeld niemand von der Ukraine. Man lebt natürlich in Blasen, ist klar.

Als die Invasion dann begann tat sich besonders ein Mann hervor, ich spreche von Andrij Melnyk, dem damaligen Botschafter der Ukraine in Deutschland. Er hat die Deutsche Bundesregierung wie kaum ein anderer kritisiert, ich will fast sagen, vor sich her getrieben. Vielen Menschen gefiel das, vielen Deutschen gefiel das. Viele waren mit der Wahl des neuen Bundeskanzlers nicht zufrieden. Hatten wir doch nur die Wahl zwischen diesem Armin Laschet aus NRW, der dort schon nicht besonders beliebt zu sein schien und sich im Ahrtal durch sein Lachen ins Jenseits schoss, und dem immer schläfrigen Olaf Scholz, der irgendwie mit dem Wirecard-Skandal verbandelt ist und dem wir die tollen Kassenbons beim Bäcker zu verdanken haben. Als Andrij Melnyk den neuen Bundeskanzler Olaf Scholz als Beleidigte Leberwurst betitelte polarisierte er damit die Gesellschaft, eigentlich dürfte er sogar genau dafür den meisten bekannt sein. Das trieb er soweit bis er irgendwann unhaltbar wurde. Nach meiner Auffassung hatte er einen guten Job gemacht, er war der richtige Mann dafür und als er seine Aufgabe erledigt hatte zog man ihn ab. Als ob es in der Ukraine ernsthaft einen gegeben hätte der dem Andreij wirklich böse dafür war, dass er dem dummen Deutschen so öffentlichkeitswirksam auf die Finger gehauen hat.

Ich kann angesichts der vielen zivilen, aber auch der Opfer auf der militärischen Seite verstehen warum die Ukraine so fordernd auftritt. Ganze Städte wurden inzwischen zerstört, Krankenhäuser und Schulen, Wohnhäuser beschossen. Wäre ich Herr Melnyk würde ich genauso laut nach Hilfe rufen, seine Wirkung hat er jedenfalls nicht verfehlt.

Was ich mich bei all dem aber immer noch frage ist, warum handeln wir an anderer Stelle nicht genauso entschlossen? Unzählige Länder auf der Welt spenden militärisches Gerät zur Verteidigung der Ukraine, Freiwillige kämpfen Seite an Seite mit den Ukrainern und sterben für ein Land das vor dem 24. Februar 2022 viele höchstens als armen Schluckerstaat irgendwo drüben im Ostblock gekannt haben dürften.

Warum gehen wir nicht genauso entschlossen gegen den Klimawandel vor? Der gefährdet immerhin die Existenz der ganzen Menschheit, und das nicht erst seit Februar vergangenen Jahres. Bei dem Thema wird aber anscheinend eine rote Grenze überschritten und der ein oder andere Leser rollt wieder mit den Augen. Wie schnell unser Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Robert Habeck himself, von seinen Positionen ab rückte und der Fortbestand der Deutschen Wirtschaft in den Fokus geriet, spricht natürlich auch Bände. Das mag einem gefallen oder nicht, aber ich denke er hatte schwere Entscheidungen zu treffen. Versuchen wir es mit etwas anderem.

Warum haben wir nicht genauso viel Energie, Geld und Militär in Afghanistan investiert? Die Frauen dort könnten heute noch immer selbstbestimmt leben, sie dürften Schulen besuchen und müssten nicht fürchten für irgendwelche fadenscheinigen Vergehen abgestraft zu werden?

Derlei Beispiele könnte ich noch einige nennen, ohne einen nennenswerten Erfolg damit zu verbuchen. Fakt ist, Russland hat einen souveränen Staat direkt an der NATO Grenze angegriffen und man befürchtet dass es nicht dabei bleiben wird. Wie lange würde es dauern bis Polen fiele, Estland, Deutschland? Aus diesem Grund braucht es ein starkes Zeichen: Bis hier hin und nicht weiter Freunde, ihr seid nicht alleine auf der Ponyfarm.

Es ist absolut richtig die Ukraine mit allen erdenklichen Mitteln zu unterstützen, was wir auch ohne Rücksicht auf die eigene Verteidigungsmöglichkeiten zu tun scheinen. Als ich dann hörte dass nun auch eine schwere Waffe wie der Leopard 2 geliefert werden soll war ich skeptisch. Dies ist ein weiterer Schritt zur Eskalation, dachte ich. Auf der anderen Seite sollten wir uns keine Angst, uns nicht einschüchtern lassen. Es gibt ganz klare Regelungen ab welchem Zeitpunkt ein Land zur Kriegspartei wird. Das dürfte Russland allerdings einen feuchten Furz interessieren. Wenn sie die Mittel hätten würden man heute schon gegen den ganzen Westen vorgehen und ihn für seine Unterstützung mit Blut und Gewalt bestrafen. Auf Reddit habe ich schon gelesen dass es angeblich ein russisches Rüstungsunternehmen gibt, welches dem Soldat, der als erster einen westlichen Panzer zerstört, einen hohen sechs bis sieben stelligen Betrag bietet.

Inzwischen sind die Unterstützer nach meiner Ansicht auch schon viel zu stark involviert, als dass man jetzt noch einen Rückzieher machen könnte. Das viele Geld, welches schon in die Ukraine geflossen ist, soll am Ende des Krieges ja auch wieder reinkommen. Der Krieg wird enden, die Ukraine wird auf die ein oder andere Weise ihre Rechnungen begleichen. Was aus Russland wird weiß ich nicht abzuschätzen, jedenfalls glaube ich nicht dass wir ein Ende Putins so schnell erleben werden. Und selbst wenn dies geschieht rechne ich wie die meisten, dass der nächste Hardliner bereits mit den Hufen schert. Russland wird sich auch nicht alsbald dem Westen zuwenden, genauso wenig werden wir Frieden zwischen Russland und der Ukraine sehen. Zumindest nicht so schnell. Es wäre wünschenswert, aber bei den Opfern die es bereits gab... die nächste Generation von Kämpfern wächst bereits auf den Trümmerfeldern heran.

Ich halte ja nichts von diesen ganzen Entlassungswellen in der Politik. Wenn ein Posten schlecht besetzt ist, wie im Falle von Frau Lambrecht, finde ich es besser wenn man ehrlich zu sich selbst ist, Verantwortung übernimmt und dem Weg frei macht für jemand besseres. So finde ich dass Boris Pistorius eine weitaus bessere Figur macht als seine Vorgängerin, und ich hoffe dass er während seiner Amtszeit wenigstens im Ansatz einen Wandel bewirken, die Bundeswehr auf einen besseren Weg bringen kann. Vielleicht kommt ja sogar der Schützenpanzer Puma ja irgendwann mal ans Laufen. Schon komisch was man sich plötzlich für Dinge wünscht wenn man mal mit einem Konflikt konfrontiert wird. Wir müssen aufpassen dass wir als Gesellschaft nicht militarisieren, sondern immer nur das letzte Mittel in unserer militärischen Schlagkraft sehen.

Als Frau Annalena Baerbock sich allerdings verplappert hat und mal eben so behauptete, wir würden einen Krieg gegen Russland führen, dachte ich zum ersten Mal selbst an einen Rauswurf. Frau Baerbock wird ja immer wieder Mal nachgesagt dass sie sich gerne verplappert, dazu sollen ja etliche Videos im Internet kursieren und manch einer denkt entsprechend schlecht von ihr. Ich muss sagen dass ich sie an sich immer sehr überzeugend fand. Ich denke sie hat, soweit ich das beurteilen kann, einige gute Entscheidungen getroffen und die Deutsche Position mehr als gut vertreten. Mit diesen Worten aber hat sie uns, für einen kurzen Moment, alle dem Abgrund gefühlt ein Stück näher gebracht, weshalb ich zum ersten Mal die Forderung an einen Rücktritt im Kopf hatte. Davon hört man allerdings wenig, zumindest nicht in meiner Blase. Es hilft auch nicht jetzt ständig Köpfe abzuschlagen. Ich nehme auch an dass Frau Baerbock diese Worte im Anschluss mehr als bereut, intern mehrmals um die Ohren gehauen bekommen hat, sie ihr zu einem späteren Zeitpunkt das Genick brechen werden. Wenn wir sie nicht mehr brauchen.

In der Ukraine geht man ja im Moment nicht zimperlich mit manchem Posten um. So mancher einer dem Korruption vorgeworfen wird verliert derzeit seine Anstellung. Die Ukraine räumt für alle, vor allen Dingen aber für die EU, gut zu sehen auf und bemüht sich den Anforderungen gerecht zu werden, welche ihr einen Platz in der EU sichern soll. Ich weiß nicht warum, aber irgendwie fällt mir laufend der Begriff Bauernopfer ein. Ja, ich vermute fast, die eigentlichen Strippenzieher wird man nicht geißeln. Es sind immer die Kleinen. Die, die hinter verschlossener Tür ihre ganz eigenen Interessen verfolgen wird man nicht belangen. Aber das ist jetzt zu sehr quer gedacht, ich werde mich hüten zu behaupten das Freunde des Präsidenten belangt werden müssten. Oder schlimmer noch, gar involviert wären.

Überhaupt spielt Wolodymyr Selenskyj derzeit die Rolle seines Lebens, was auch gut so ist. Standen ihm viele vor dem Krieg eher kritisch gegenüber, feiert man ihn nun als den Helden unserer Zeit. Alleine durch die Tatsache dass er sich noch immer in der Ukraine aufhält, nicht wie andere über Nacht getürmt ist, zeigt schon seine Verbundenheit mit seinem Land. In der Regel kennt man Präsidenten ja nur im feinen Anzug, den hat er allerdings nach seiner Karriere als Schauspieler an den Nagel gehängt und zeigt sich nun in Cargo Hose und T-Shirt. Hätte man so etwas vorher akzeptiert? Er hält Videobotschaften, reist nach Amerika und besucht Soldaten an der Front. Selenskyj mag ein Schauspieler sein, er mag eine Rolle spielen, aber er rettet damit unzähligen Menschen das Leben und steht für den unbändigen Willen der Ukraine zu überleben. Ich behaupte gar mehr, dass er nur jetzt im Krieg seinem Leben wirklich Sinn geben kann, danach nie mehr auf gleicher Höhe spielen wird. Ähnlich wie Oskar Schindler, der nach dem Zweiten Weltkrieg anderen ja nur noch auf der Tasche lag. Der Gedanke ist allerdings schon ziemlich weit hergeholt, was ich ohne zu murren zugeben muss.

Wie die Dinge sich entwickeln bleibt abzuwarten. Wie alle hoffe ich, zum Guten. Ich hoffe dass nicht noch einmal 100.000 Soldaten auf russischer Seite sterben müssen, dass das Ukrainische Volk frei sein wird. Dass sie, wenn all das vorbei ist, nie vergessen was passiert ist und niemals mehr selbst zum Täter werden.

Hoffen wir darauf dass in absehbarer Zeit nicht mehr geschossen, keine Drohung mehr ausgesprochen, kein Konflikt mehr geschürt wird. Sorgen wir gemeinsam dafür dass die Konzerne, die durch den Krieg Milliarden-Umsätze einfahren ebenfalls zur Kasse gebeten, am Wiederaufbau beteiligt werden. Jetzt driffte ich aber zu sehr ab in Richtung Wunschdenken. Bisher war es so schön, mach es nicht kaputt.

Es wird weiterhin Konflikte geben, nach wie vor ist der Eintritt Schwedens und Finnlands in die NATO noch nicht durch. Mit der Türkei und Ungarn sind nach wie vor zwei Kandidaten in der NATO vertreten, die wie es scheint mehr ihre eigenen Positionen vertreten. Sie blockieren wo sie nur können, um ihre eigenen Interessen und Forderungen durch zu pressen.

Sicher werden die Soldaten, die nun an der Front stehen und überleben, später viel Geld verdienen. Indem sie ihr Wissen an andere weitergeben, Bücher schreiben und dergleichen mehr. Sie werden ein Mahnmal errichten und ihrer gefallenen Kameraden gedenken.

Es wird noch lange dauern und einige weitere Opfer und viel Geld und Energie kosten die vielen Blindgänger aus der Erde der Kornkammer Europas zu holen. Die Schäden an der Natur sind immens, ganze Städte dem Erdboden gleich gemacht.

Es bleibt spannend auf dem Planet Erde. Wie sich gezeigt hat, kommen wir nicht alleine durch Handel zum Wandel voran, nach wie vor müssen wir gewappnet sein für bewaffnete Konflikte. Mich würden ja mal die kritischen Stimmen in der Ukraine interessieren. Die werden natürlich so gut es geht ausgeblendet, das Land als eine Einheit verkauft die gemeinsam dem militärischen Sieg entgegenfiebert. Ich kenne diese Durchhalteparolen und die vielen Reden und Kraftaufwendungen aus einer weitaus friedlicheren, aber auch fordernden Situation. Wir befanden uns einst im Arbeitskampf, bestreikten als einzige den großen Konzern. Da waren auch nur schöne Bilder erlaubt, man wurde aufgepeitscht und war überzeugt immer das richtige zu tun. Und immer wieder gab es welche die aus der Reihe tanzten und sich so gar nicht mit dem höheren Ziel zu vereinbaren schienen. Andere wiederum warteten seelenruhig ab, agierten im Verborgenen, hielten die Hände auf für das was einem später für die Unterstützung des Feindes in die Hände fallen würde.