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20 September 2022 - Freie Tage in Erinnerungen

Heute nahm ich Urlaub da beide Kinder einen Termin beim Augenarzt hatten, dessen Praxis ist in Boppard beheimatet. Da meine Tochter vor zwei Jahren an den Augen operiert wurde um eine Fehlstellung zu korrigieren wurde es ohnehin wieder Zeit, zudem braucht sie eine neue Brille. Der Große hat an sich auch problematische Augen, die heutigen Ergebnisse zeichnen allerdings ein nicht ganz so schlimmes Bild. Er braucht obendrauf auch noch eine Bescheinung über einen Sehtest für den bald anstehenden Führerschein, weshalb wir all das kombiniert haben.

Nachdem der Praxisbesuch nach guten drei Stunden abgefrühstückt war zwang ich meine Kinder noch zu einem kleinen Spaziergang am Rheinufer, die Altstadt haben wir uns auch genauer angeschaut. Im Grunde zwang ich nur meine Tochter, sie ist meistens diejenige die nur rumnörgelt wenn sie Dinge tun "muss" die sie selbst nicht interessieren.

Ein Springbrunnen im Bopparder Stadtzentrum. Aus mehreren gen Himmel gerichtete Rohren spritzt Wasser, auf allen vier Seiten steht eine Sitzgelegenheit welche es erlauben die Füße abzukühlen.

Wir waren nicht allzu lange dort da ich sofort nach dem Verlassen der Praxis bei Brillen Birk, unserem Stammoptiker in Kastellaun, angerufen hatte um einen Termin für den Mittag zu bekommen. In Kastellaun hatten wir noch etwas Zeit um Zutaten für unser geplantes Abendessen zu besorgen, einen kleinen Schwatz mit dem Optiker zu halten den wir durch Zufall trafen und um die Burg zu besichtigen. Der regelmäßige Leser wird wissen dass ich in der Burgstadt aufgewachsen bin, daher kenne ich sie, die Burg, noch aus ganz anderen Zeiten. Damals war sie mehr eine Ruine, tatsächlich hat sich in den letzten zwanzig Jahren vieles getan. Kastellaun ist wie ich finde auch als Wohnstadt sehr attraktiv, wenn da nicht die Mietpreise wären. Ich denke dass es dort wenig gibt was man nicht findet.

Nachdem wir unsere kurze Burgbesichtigung wegen Regen abbrechen mussten bot uns der Optiker einen Kaffee an. Da er noch Mittagspause hatte kamen wir ins reden, davon zu berichten wäre aber zu viel des Guten. So viel sei gesagt, wir verstehen uns prächtig. Letztes Jahr hat er neue Räumlichkeiten bezogen, alles sehr modern und ansprechend. Kein Wunder dass meine Tochter da auch wieder jede Menge Zeit hatte. Bis die neue Brille ausgesucht war vergingen ein Kaffee und eine Stunde, am Schluss durfte sich jeder noch eine Kleinigkeit zum knabbern aussuchen. Die neue Brille ist Anfang kommender Woche fertig, dann werden wir auch erfahren ob die Lose welche wir ausgefüllt haben, Am Wochenende ist Stadtfest, uns Glück gebracht haben.

Zu folgendem Bild kann ich eine kleine Geschichte erzählen:

Ein kleiner Laden mit einem großem Fenster auf dem in weißer Schrift Kleine Werkstatt steht.

Früher™ waren die Menschen, wir wissen es bereits, deutlich nachhaltiger. Schuhe hielten viele Jahre, und wenn sie mal abgelaufen waren brachte man sie zum Schuhmacher welcher diese neu besohlte und ihnen damit ein weiteres Leben schenkte. So kam es dass meine Oma mich vor sicher 35 Jahren, ich war definitiv noch nicht eingeschult, zum Schuhmacher mitnahm dessen Laden sich im abgebildeten Gebäude befand. Wir waren wirklich nur sehr kurz da, vielleicht fünf Minuten, aber die Eindrücke von damals haben sich fest eingebrannt. Als erstes fiel mir der intensive Geruch der Schuhwichse auf, den musste man schon mögen, und das helle Licht welches den ganzen Raum füllte. Hinter einer dunklen Theke ein aufrecht stehender, freundlich dreinblickender älterer Mann der eine Schürze um den Bauch trug. An den Seiten standen Regale mit verschiedenen Schuhen die wohl darauf warteten von ihren Besitzern abgeholt zu werden. In der Auslage Bürsten, Schuhschlüpfer, Cremes. Er und meine Oma unterhielten sich kurz, er ging durch einen Vorhang in einen Hinterraum und brachte die Schuhe welche wie neu aussahen. Ein kurzes Dankeschön, die fällige Bezahlung und wir gingen wieder. Damit endet die Erzählung auch schon, Worte sind nicht genug und es gibt leider keine Erfindung die euch den kleinen Raum sehen und riechen lässt wie ich ihn damals roch und sah.

Hätte ich als Kind bereits verstanden dass ich solche Dinge niemals vergessen würde hätte ich genauer hingeschaut. So vieles wirkte so groß, fühlte sich so richtig und schön an und hatte eine Wirkung auf mich wie ich sie heute oft vermisse. Ich sah die Welt eben durch die Augen eines Kindes und vieles hatte einen Zauber inne den man durch das Erwachsenwerden augenscheinlich verlernt zu sehen.

Zuletzt bearbeitet am 20.09.2022