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11 August 2022 - Gute Fortschritte und ein schöner Abend

Den Putz von der Wand zu lösen war ein Kinderspiel, es brauchte nur eine Spachtel um ihn abzukratzen. Er platzte sofort in vielen kleinen und auch großen Stücken ab, so wenig Halt hatte er noch. Der Hänger ist gut zu zwei Drittel gefüllt und wartet auf den Abtransport.

Wie man sehen kann tue ich alles um möglichst wenig Staub einatmen zu müssen, ganz verhindern lässt es sich trotzdem nicht. Kleine Mengen kommen immer durch und meine Lungen lassen mich das heute morgen wieder spüren. Mit den wirklich dreckigen Arbeiten bin ich aber durch. Der Putz ist komplett unten und die Balken sind ebenfalls schon abgeschliffen. Heute morgen fange ich an die Fächer zu verputzen, wenn alles gut läuft kann ich morgen grundieren und streichen. Das hängt allerdings davon ab wie schnell der Lehm trocknet. Ich rechne eher mit Samstag. Im selben Zug kann man dann auch die beiden anderen Wände tapezieren.

Selfie eines Mannes oberhalb der Brust. Er ist bedeckt von Lehmstaub. Im Gesicht trägt er eine medizinische Maske, darüber einen schwarzen Schlauchschal zum Schutz der Atemwege. Im Hintergrund ist eine offene Lehmwand und ein Teil des Gebälks zu sehen.

Wer sich das Video genau anschaut wird bemerken dass ich das Fachwerk an beiden Wänden nur in Teilen freigelegt habe. Der linke Abschnitt soll einem Baum gleichen, denn nichts anderes waren die Balken ja mal. Wenn wir gut genug malen könnten würde ich gerne Blätter, oder sogar die Jahreszeiten darauf malen was sicher nicht schlecht aussehen würde. Fräulein mag das aber nicht, sie sei ja kein Kind mehr. Fräulein ist momentan aber ohnehin eine leidige Fellkugel mit pubertären Flausen und Anfällen... lassen wir das!

Die rechte Wand ist zum Teil noch original verputzt, neben der Tür. Das liegt daran dass dort der Kamin ist. Aus dem Grund ist der Putz an der Stelle auch noch gut erhalten und ich möchte verhindern den Kamin zu beschädigen. Aus dem Grund putze ich an der Stelle einfach drüber was kein Problem ist. Am anderen Ende der Wand, rechts in der Ecke, habe ich aus dem Grund das Fachwerk nicht ganz freigelegt, eines einheitlichen Bildes wegen.

Motte sitzt gerade auf meinem Schoß und möchte unbedingt mittippen weil das ja so schöne Klack-Geräusche macht. Schmusen soll ich sie auch noch. Einhändig tippen ist nicht so mein Ding, dabei wollte ich doch noch von gestern Abend erzählen.

Letztes Jahr berichtete ich während einem anderen Umbau von einem Radfahrer der zu uns auf den Hof kam und um Wasser bat. Wie sich dabei herausstellte ist er der Mann einer Arbeitskollegin meiner Frau, und der Pfarrer der Stadt Traben-Trarbach. Die beiden haben in Starkenburg, ein paar Kilometer von hier, ein sehr schönes altes Haus gekauft und gestern waren wir eingeladen. Wir teilen die Leidenschaft für alles Alte, für Lehmbau und Scheunen. Wir waren richtig verzaubert von den vielen Schätzen die das Haus überall bereit hält. Die beiden haben alte Dielen wieder freigelegt, abgeschliffen und geölt. Die Scheune wurde umgebaut und verstärkt und ist voll mit Brennholz und einer massiven schönen alten Werkbank. Es brauchte vier Männer um sie zu tragen. Dann waren wir noch im Keller der direkt in den Fels gearbeitet ist, man sieht noch die Spuren der Meißel. Ein Nachbar nannte den Fels einst Starkenburger Mutterboden. Natürlich ist es in den Kellern entsprechend kühl und angenehm, an einigen Stellen sammelt sich Grundwasser das beinahe Trinkwasserqualität hat. Ich wünschte ich hätte meine Kamera dabei gehabt um die Schönheit des natürbelassenen, zerklüfteten Bodens zu fotografieren. Dann steht in der Küche noch ein richtig schöner alter Holzofen, kombiniert mit einigen modernen Elementen sieht das richtig genial aus. Im Wohnbereich dann viel Fachwerk und noch ein antiker Rundofen. Als wir alles gesehen und viel gestaunt hatten nahmen wir auf der Terrasse Platz um gemeinsam zu essen und bis in die späte Nacht über ganz viele unterschiedliche Dinge zu sprechen. Die Aussicht ist, wenn man vom stark leidenden Wald absieht, genial und sobald es dunkel wird kann man Eulen rufen hören. Der Blick reicht vom Hunsrück über das Moseltal hin zur Eifel. Wir hatten wirklich eine ganz tolle Zeit. Außerdem haben wir festgestellt dass wir auf einer Wellenlänge funken womit weitere schöne Abende gesichert sein dürften.

Beide sind sehr sympathische und liebe Menschen. Der Pfarrer wich meinen kritischen Überlegungen die Kirche betreffend nicht aus, konnte mich in einigen Punkten sogar erhellen. Er ist sehr weltoffen was die Sache sehr angenehm macht. Eine ihrer Töchter ist gerade in Berlin und wird bald eine Staatsanwältin werden. Die andere Tochter ist neulich von Traben-Trarbach aus mit dem Fahrrad nach Wien gefahren, in zehn Tagen. Ein tolles Abenteuer, auch wenn die Mutter das alles schon mit ein wenig Angst begleitet hat. Es ist ja alles gut gegangen, die Erfahrung zählt.

So, Motte schläft jetzt, aber nicht mehr lange. Ich muss noch das pubertierende Mädchenmonster wecken gehen damit ich sie mit Arbeit versorgen kann. Sie ist anscheinend unausgelastet und geht allen anderen mit frechen Kommentaren auf den Sack. Es wird Zeit sie ein wenig in die Mangel zu nehmen und ihre aufgestaute Energie in produktivere Bahnen zu leiten.