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26 Januar 2022 - Blumen und schlimme Bilder

Diesen Blumenstrauß habe ich heute für meine liebe Frau gekauft. Sie ist im Moment sehr unglücklich, ich hoffe die Farben und die Geste muntern sie ein wenig auf. Am Arbeitsplatz geht es drunter und drüber, was sie gar nicht gut vertragen kann, das Wetter und alles andere tun dann ihr übriges. Sie brennt richtig aus, und das macht mir inzwischen Sorgen.

Ich habe den Strauß telefonisch vorbestellt. Ob ich irgendwelche Wünsche hätte wurde ich gefragt. Er soll so bunt sein dass er sämtliche Schlecht-Wetter-Depressionen wegwischt! Ich denke dieses Ziel wurde erreicht.

Ein bunter Blumenstrauß

Heute kamen alleine drei E-Mails von Seiten des Kindergarten in dem meine Frau arbeitet. Informationen hier, Geschnulze da. Meine Frau hat sich mit in den Verteiler eintragen lassen um immer Aktuell zu bleiben. An sich könnte die VG schon jemanden alleine dafür beschäftigen. So bekommt man den Tag auch rum, ohne sich in den Gruppen einzubringen. Es handelt sich um einen Kindergarten, da muss man nicht laufend gebetsmühlenartig Eltern über dieses und jenes informieren. Wichtigtuerei ist das in meinen Augen. Aber was weiß ich schon. Ich lebe in der Vergangenheit. So richtig mit Feuer und Steinen. Aber ohne Rauchzeichen.

Meine liebe Frau kam inzwischen nach Hause. Sie hat sich sehr gefreut, was wiederum mich freut. Punkte sammeln: ✔

Dienstagmorgen bin ich auf dem Weg zur Arbeit an einem am Straßenrand stehenden PKW vorbei gefahren, davor lag ein totes Reh. Ich konnte nur die Marke, aber kein Nummernschild erkennen, und habe mich gedanklich in die Situation versetzt. Was der Mensch nun wohl zu erledigen hat, dass er Urlaub nehmen muss um den ganzen Kram zu erledigen. Sowas kann sehr lästig sein. Kurz hatte ich überlegt anzuhalten, habe mich dann aber dagegen entschieden. Wenig später erfuhr ich durch meine Frau dass es sich dabei um meinen Schwager handelte, das Auto ist ein Totalschaden. Der schreit geradezu nach Ärger. Erst kürzlich ist ihm die, immerhin fast neue, Heizung ausgefallen und die Bude ausgekühlt. Der Arme, kann einem Leid tun.

Gestern war ich sehr deutsch. Bin zum Barber, wie immer ohne Termin. Schon wenig später war ich sehr genervt, die beiden ließen sich immer wieder von ihrer Arbeit ablenken. Ohne Musik geht ja gar nichts, daher muss man immer wieder am Laptop rumspielen. Die Kunden können nicht mal ihre fuck Handys in Ruhe lassen während sie die Haare gemacht bekommen, sowas regt mich auch auf. Wenn die wenigstens Haare gehabt hätten. Das bisschen hätte ich schnell erledigt gehabt. Eine halbe Stunde habe ich dem Elend zugesehen, dann bin ich aufgestanden und gefahren. An einem anderen Tag wäre all das kein Thema gewesen, aber gestern ließ mein Gemütszustand das nicht zu. Bin danach zum Burger King gefahren und habe mir zwei Doppel-Cheesburger reingepfiffen, danach ging es halbwegs. Hab mir inzwischen einen Termin in einem richtigen Friseursalon gemacht, Freitag Mittag um 15:30 Uhr. Hoffen wir das beste.

Dann nahmen der Große und ich auch schon den Infoabend der Jugendkirche wahr. Das war minimal interessant, für den Junior gab es natürlich nichts neues. Es ging um die anstehende Rom-Reise. Einmal musste ich kurz schlucken, als der Pfarrer uns erzählt hat dass er die Gruppen einteilen und sie alleine durch die Stadt schicken wird. Mein Sohn riet mir nicht rumzuheulen, und an sich hat er ja auch recht. Es ist halt eben so dass in mir sämtliche Alarmglocken angehen beim Gedanken daran dass mein Sohn sich in einer großen Stadt bewegt deren Sprache er nicht einmal spricht. Das ist selbstverständlich dämlich und er wird eine tolle Zeit haben. Bin halt eben doch der erste der heult wenn die Kinder flügge werden. Aber pssst, muss ja keiner wissen.

Eine Mutter wollte wissen ob Jungs und Mädels getrennt schlafen werden, später verriet mir mein Sohn dass die Mutter tatsächlich Grund zur Sorge habe. Ich bin der Meinung, was in Rom passiert bleibt in Rom. Die Reaktion des Pfarrers fand ich gut. Natürlich werde man nicht zulassen dass es Abends in den Zimmern zu Orgien der Lust kommen wird. Allerdings begrüßt er es wenn die Heranwachsenden in freier Wildbahn das Flirten lernen würden statt all das unpersönlich über ihre Handys zu machen. Man habe auch schon Gruppenmitglieder knutschen sehen, was man akzeptiere. Sogar zwei Ehen wären dort entstanden, gute Voraussetzungen also. Ich mag den Mann. Er sagt grade raus was er denkt, er ist kein verklemmter Stock-im-Arsch-Träger. Er wirkt modern, geerdet. Wir sind also gut vorbereitet, in wenigen Wochen geht es los und der Große wird hoffentlich eine schöne Zeit haben.

Wie die Tage bereits angemerkt bin ich empfänglich für Sonnenschein. Bitter enttäuscht wurde ich, wäre ich doch bloß still geblieben. Über Nacht fror einfach alles ein, so arschkalt war es. Dafür sehen die Bäume wunderschön aus, mit ihren dünnen mit Raureif bedeckten Ästen. All das mag ein wenig trösten, und doch weiche ich nicht ab von meiner Forderung nach mindestens sechs Sonnenstunden pro Tag. In der Freizeit natürlich, am besten an freien Tagen. Damit man das schöne Wetter auch genießen kann.

Heute habe ich mir ein Video angesehen dass ich mir vielleicht besser nicht angesehen hätte. Wir alle haben vermutlich schon Menschen gewaltsam zu Tode kommen sehen, in diesem Video sah man zwei Polizisten sterben. Natürlich im Amiland, dort wo der wilde Westen nie wirklich Vergangenheit wurde und Waffen etwas ganz natürliches zu sein scheinen. In dem Video von dem ich spreche versuchen zwei Polizisten einen Zivilisten zu überwältigen. Ihre Herangehensweise war an sich die richtige, sie versuchten möglichst milde Mittel einzusetzen. Es gibt ja immer wieder Fälle bei denen Menschen ohne weiteres von Polizisten erschossen werden, oder zu Tode stranguliert wie George Floyd zum Beispiel. Vermutlich ist es das was mich so mitgenommen hat. Die beiden zerrten an dem Mann, besprühten in mit Pfefferspray um ihn unter Kontrolle zu bekommen. Das sind krasse, aber im Vergleich zur Waffengewalt milde Mittel. Die Szene wurde mit Bodycams aufgenommen, am Ende sah man die letzten Sekunden noch einmal aus der Perspektive des Streifenwagens. Im Laufe der Auseinandersetzung zog der Autofahrer von irgendwo eine Waffe und erschoss die beiden aus nächster Nähe. Man hörte noch Schreie, dann zeigte die Bodycam des zweiten Polizisten nur noch den Nachthimmel. Diese Szene hat mich arg mitgenommen, hatte das Gefühl der Polizist selbst zu sein. Nicht weil ich mich mit Recht und Ordnung identifiziere, sondern wegen der Perspektive. Selbst jetzt habe ich die Bilder noch im Kopf und fühle mich elend dabei. Natürlich habe ich mich bewusst dazu entschieden mir dieses Video anzuschauen, habe auch schon mehrere Videos mit Tötungen gesehen. Dieses erfasste mich aber besonders stark, und weckt in mir eine tiefe Abscheu gegen Gewalt und Waffen. Die Menschheit ist leider so, kriegerisch. Die Menschen die so etwas miterleben müssen tun mir leid, und ich kann nur im Ansatz mitfühlen was in den Betroffenen vor sich geht. Ich bin noch mittendrin dieses Erlebnis zu verdauen. Ob es gut war so etwas zu sehen? Ich denke aus meiner Perspektive schon. Es schreckt mich ab, ich habe Mitgefühl. Ich gehöre nicht zu denen die solche Bilder cool finden und noch hämisch lachen. Es tut weh das zu sehen, diese sinnlose Endgültigkeit. Leider ist gerade das Morden in vielen Teilen der Welt schreckliche Alltäglichkeit. Versucht man vor all dem zu fliehen landet man schlimmstenfalls in Moria, wenn man das Mittelmeer überlebt. Ich kann die Welt davon nicht heilen, aber ich wünschte es mir. Dieser fromme Wunsch klingt gleichsam naiv, und ich frage mich warum. Ist der Glaube an eine Existenz des Menschen in Frieden denn so unwahrscheinlich? Diese paradiesischen Zustände werde ich wohl nicht mehr erleben. Sie wäre schön, diese Gabe. Einfach alles Leiden zu heilen, den Menschen Hoffnung zu schenken. Und was würden wir daraus machen? Ich möchte weinen. Nur für den Moment, denn es wird nicht lange dauern bis ich auch das akzeptiere. Und wenn es nur ist um weiter zu existieren. Ich habe ja alles, ich kann weiter machen. Kannst du das auch? Ich wünsche es dir.

Dann habe ich die Tage noch eine Reportage gesehen. Es geht um Soldaten, um Zusammenhalt, um den Dienst für das Vaterland. Gebrochen, verkannt, ausgeblendet. Das sind Dinge über die wir als Gesellschaft tatsächlich zu wenig sprechen.