Leicht - Kompakt
hosentaschenblog.orgNa, wie schaut's aus? Habt ihr den Jahreswechsel gut überstanden? Dann ist's ja gut. Ich habe die letzten Stündchen des Jahres im Kreise der Familie verbracht, mit der Instandsetzung eines Kaffevollautomaten. Der Kaffeeauslass war verstopft, so dass der Kaffee überall raus kam, nur nicht aus den dafür vorgesehenen Düsen. Der Auslass war schnell ausgebaut, Ersatz ist geordert. Das hat natürlich keine Stunden gedauert, bei der Gelegenheit habe ich das Gerät dann aber gleich mal von Grund auf gereinigt. Äußerlich gut gepflegt siehts in den innersten Ecken dann ja doch meist anders aus. Macht ja nix, solange die Schläuche, die mit dem lebenserhaltenden Saft in Kontakt kommen, regelmäßig ordentlich durchgespült werden. Mit noch weniger Aufwand kann man gar keine Punkte bei der Schwiegermutter sammeln. Die versuchte sich übrigens zu Beginn dieses Artikels mit meiner Frau daran Milch mit der neuen Maschine aufzuschäumen, von dem Trauerspiel erzähle ich gar nicht erst.
Warm ist es heute. Ich bin mit Schlappen und ohne Jacke durch das sonnenbeschienene Dorf gelaufen, habe schon ein paar Neujahrsgrüße verteilt und schaue noch immer automatisch auf das Grundstück meines kürzlich verstorbenen Nachbarn um zu sehen ob er nicht plötzlich doch da steht. Sowas prägt sich eben ein und vergeht auch nicht so schnell. Der ließ uns ja leider im Stich, nicht aber ein anderer Nachbar. Denn der schafft es aus mir unerklärlichen Gründen immer wieder seine PKW zu schrotten, so geschehen gestern. Der steht nun auf dem Hof, in ungewohnter Position, und wartet auf Zuwendung. Also, der PKW, nicht der Nachbar. Der lässt es sich von seiner überstandenen Krebstherapie und dem damit einhergehenden Luftröhrenschnitt nicht nehmen mit anderen Boule zu spielen. Es sei ihm gegönnt.
Jedes Jahr kommen ja die Rückblicke im TV, heute ging es erneut um die Achtziger. Habt ihr das gesehen? Die Achtziger sind ja mein Jahrzehnt, wenn man das so sagen mag. Erstaunlich was damals alles passiert ist. Von dem ganzen musikalischen und klamottentechnischen Schmu abgesehen gab es ja auch einige ziemlich prägende Dinge. Wie zum Beispiel die gute alte CD, die Anschnallpflicht, Smog und ähnliche Katastrophen. Uns fiel dabei auf dass damals schon die selben Hackfressen wie heute rum gelaufen sind, nur dass man die heute Querdenker nennt. Die Erkenntnis dass man schon früher ausgeschlossen und mundtot gemacht wurde wenn man nicht mit dem Strom schwamm ist ja keine neue, ein wenig bestätigt fühlt man sich beim Anblick der geistigen Gleichschaltung allerdings schon. Die ist so tatsächlich existent, weiß auch jeder. Ihr könnt die Mistgabeln jetzt aber gerne wieder einpacken und weiterlesen, ich sympathisiere nicht mit Nazis und Schwurblern aller Art. Es gibt einige Dinge die meine Frau und ich gleichsam erinnern können. Wie zum Beispiel den Kalten Krieg. Ich bin in Kastellaun aufgewachsen. Dort gab es früher einen Stützpunkt der Bundeswehr, und direkt nebenan den amerikanischen Standort Pydna(1) auf dem später jährlich das Techno Event Nature One stattfand. Meine Frau wuchs in Lötzbeuren auf, direkt neben der Airbase Hahn(2), welche dem ein oder anderen heutzutage eher als Flughafen Hahn in Verbindung mit der englischen Fluggesellschaft Ryanair bekannt sein sollte. Jedenfalls erinnern wir beide noch sehr gut an Tornados die mit einem Höllenlärm über einen wegschießen und mit einem lauten Knall die Schallmauer durchbrechen. Damit sind wir aufgewachsen, das gehörte praktisch dazu. Ich kann mich auch noch an eine junge Frau erinnern welche einst die Weißen Kreuze mit aufgestellt hatte, die viele Jahre lang von Bell kommend Richtung Kastellaun standen. Ich weiß auch noch sehr gut wie sehr anders die Menschen damals waren, auch wenn sie in vielen Dingen gleich tickten.
Auch sind wir beide wirtschaftlich in eher bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen, somit teilen wir auch die Erinnerung in Geschäften gestanden und uns Spielsachen angesehen zu haben die wir gerne gehabt, diese uns aber nie hätten leisten können. Ich muss lachen bei dem Gedanken als kleiner Rotzlöffel mit Holz-LKW gespielt zu haben. Es gab diesen einen, den habe ich mit Wassermalfarben angemalt. Dazu habe ich dann mit schlackernden Backen Motoren und Kompressorgeräusche nachgemacht. Gefühlt ging natürlich nie etwas kaputt, und auch wenn man nicht viel hatte war es doch OK. Ich erinnere mich an die Bäckerei Schuster, an Süßkram für ein paar Pfennig, an viel Zeit alleine im Wald. An die Schilder im Wald, Achtung, Tollwut!
, an Rollenspiele mit anderen Kindern und Alleingängen durch enge Gassen. An den Piratenspielplatz. Der hieß so weil die Stadt Kastellaun dort ein großes Schiff mit Sand darin aufbauen ließ. Mit einem riesen Mast in der Mitte, daran ein Seil befestigt. Dass wir Idioten uns daran nicht selbst stranguliert haben fehlte eigentlich noch. Ich war natürlich Vollblutpirat. Hab mich ganz in das Seil gehangen und bin im hohen Bogen über den Bug geschwungen. Hab den Bug mit meinem Rücken erwischt und mir üble Schrammen zugezogen.
Hattet ihr ein Lieblings-Stofftier? Ich hatte einen Bären, dem ich einen Babystrampler und eine Jeansjacke angezogen habe. Hab ihn überall mit hin geschleppt, auch wenn der Kopf nur noch an wenigen Fäden hing. Wir waren damals ja sowieso viel mehr draussen. Ich zumindest. Selbst im dicksten Winter, damals gab es noch Schneematsch auf den Straßen, bin ich auf dem Heimweg am Spielplatz hängen geblieben und habe trotz Eiseskälte mit den bloßen Händen Löcher in den Sand gegraben. Was würde ich meine Kinder am Kragen packen für die vielen Dummheiten die ich damals begangen habe. 😜
Ich erinnere mich an einen roten Plattenspieler den die Oma uns zu Weihnachten geschenkt hat, Pinocchio Platten oder späten Platten aus der DDR die wir vor der Öffnung noch mit einem Manta besucht haben. Meine Frau sagt immer dass es 86, im Jahr der Tschernobyl Katastrophe, die besten und leckersten Erdbeeren ever gab. Sie wollte mal Mofa fahren und ist damit voll in eine Hecke gerauscht. Ja, die Achtziger waren nicht langweilig.
So viel wollte ich gar nicht schreiben, und dabei gäbe es noch so vieles zu sagen, zu reflektieren. Man erinnert sich im Nachhinein ja meist nur an das Gute, ältere Semester werden andere Dinge in Erinnerung haben. Schön dass wir gemeinsam den Absprung ins neue Jahr geschafft haben, los jetzt zu neuen Abenteuern. Spätestens kommenden Samstag könnten wir bereits tot und begraben sein, besser wir leben heute nochmal alles was geht.
Quellen: