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21 Juni 2021 - Kirchengedöns, Kinder und Zukunftspläne

Ein Pfarrer steht Gitarre spielend unter einem Sonnenschirm.

Das war sie schon, die Konfirmation. Die Vereidigung, die Berufung in den Dienst der heiligen Kirche und so ( blabla ). Der ganze Spaß hat in etwa 60 Minuten gedauert. Viel länger kam es mir jedenfalls nicht vor. Und so schlecht wie ich es gerade rede, war es gar nicht. Ich muss den zuständigen Pfarrer loben, den mag ich sogar wirklich. Er versteht es die Leute mit kleinen Späßen hier und da wieder mit an Bord zu holen. Er hat auch schon die Beerdigung meines Schwiegervaters abgehalten, wir haben uns also schon ein paar mal gesehen. Er kam auch am Anfang gleich zielstrebig auf mich zu, ein bisschen Smalltalk unter uns beiden Gebetsbrüdern. Er hatte den Fehler gemacht zu erwähnen dass wir alle gerne mitsingen können, was zu einer Art Running Gag während der gesamten Veranstaltung wurde. Er schaute mich an, stimmte die Gitarre an, und ich kommentierte mit einem einfachen "Wir können...". Der Mann mag Gott im Herzen tragen, im Kopf sind aber viele Flausen, denke ich. Die Stimmung war also sehr gut. Meine Frau hat sich sicher ausgiebig für mich geschämt, und die Kinder waren froh als der ganze Spuck vorbei war. Wenn die beiden so bei meiner Frau stehen wirkt das ganze inzwischen doch sehr komisch. Beide sind mittlerweile größer als sie selbst, und doch stecken in ihren feinen Kleidern, die sie wie Erwachsene wirken lassen, unsere Kinder. Ich werde jetzt nicht sentimental, keine Sorge. Aber wenn man so vieles mal Revue passieren lässt, ich bin schon ein großer Fan von den beiden. Es gab Nächte da habe ich wegen ihnen nicht geschlafen. Mal aus Sorge, mal aus Wut über Belangloses, und auch schon ein- zweimal weil ich mir selbst Vorwürfe gemacht habe. Weil nicht genug zugehört, weil zu streng gewesen, was weiß ich. Früher dachte ich immer, ich müsste den beiden ihren Weg ebnen, weil ich mit meinen Erfahrungen am besten einzuschätzen wüsste was sie gerade bräuchten. Einen Scheiß wusste ich. Sie werden ihren Weg schon gehen, und wir werden sie gerne begleiten. Bis der Tag da ist an dem die beiden wirklich ganz alleine klarkommen, wird vermutlich trotzdem noch so manche Nacht vorüber gehen in der ich ihnen im Geiste beide Hände ganz fest um den Hals lege. Ich liebe euch dafür. Aus ganzem Herzen.

Lassen wir das Geschnulze. Ich hatte erwähnt dass die Konfirmation nur Geld kostet, und den Kindern überhaupt gar nichts bringt. Allerdings hatte ich in meine Überlegungen nicht den Spenderwillen der lieben Verwandtschaft mit einfließen lassen. Jedenfalls waren die Lieben so großzügig dass meine Tochter sich heute morgen sofort die seit langem gewünschte DSLR Kamera bestellt hat. Und mein Sohn plant bereits eine Investition in Möbel. Wir werden ja in den Sommerferien sein Zimmer komplett auseinander nehmen, jetzt hat er genug Kapital um sich Möbel anzuschaffen wie er sie sich wünscht. Vielen Dank noch einmal an die lieben Menschen mit denen wir einen so schönen Tag verbringen durften. Es war uns ein Fest, hoffentlich kommen wir bald wieder so zusammen.

Sowohl meine Frau, als auch ich sind beruflich nicht mehr so zufrieden wie wir beide es einmal gewesen waren. Vieles hat sich verändert, manches ist einfach nur komplizierter geworden. Wenn man sich den Arbeitsmarkt so anschaut kann man schon ins Grübeln kommen. Ich glaube, wir spüren beide dass es Zeit wird für einen Sprung Richtung Veränderung. Uns geht es da wie so vielen. Wir stehen finanziell nicht so schlecht da, und trotzdem. Mal ausbrechen, etwas völlig neues anfangen. Mal neue Menschen kennenlernen, die man am Ende womöglich noch mag. Ja, auf der Arbeit ist der eine oft dem anderen sein Teufel. Dabei könnte es ganz leicht sein. Ich will aber nicht jammern. Den was uns beiden letzten Endes nur fehlt, ist Mut und etwas Selbstvertrauen. Aber das sagt sich so leicht, denn abbezahlt ist das Haus noch lange nicht. Und am Ende alles riskieren, und sich vielleicht doch ärgern über den Schritt? Im Trott bleiben, und sich weiter ärgern ohne einen Wechsel versucht zu haben? Was wir jetzt haben wissen wir, was woanders kommt... Schon seit 2 Jahren trage ich dieses Paket nun mit mir herum, und ärgere mich über mich selbst. Meiner Frau geht es da nicht anders. Beherrscht von der eigenen Angst, wie gruselig. Aber ist das wirklich Angst? Muss man sich einen Feigling schimpfen, nur weil man das Aufgebaute nicht riskieren will? Schließlich wartet niemand auf uns. Ich bin mir uneins darüber. Letzten Endes glaube ich aber die Antwort zu kennen. Du erreichst im Leben nur etwas wenn du den Mut hast Entscheidungen zu treffen. Das klingt so endgültig, und auch so falsch dass ich mich daran störe. Denn Feige waren wir in der Vergangenheit gewiss nicht. Es muss einen anderen Weg geben, wir haben ihn nur noch nicht gefunden. Ich denke ihr habt inzwischen ein ganz gutes Bild, wie sehr uns das alles um treibt. Ihr habt vielleicht ähnliche Erfahrungen gemacht? Schreibt doch mal, wir sind gespannt davon zu lesen.

Das war es für heute auch schon wieder. Es gibt noch so vieles was mir durch den Kopf geht, aber es ist schon spät und einiges auch noch gar nicht fertig. Mich erstaunt es auch immer wieder, wie wenig Text am Ende nach so vielen Gedanken da steht. Würdet ihr mich kennen wüsstet ihr aber, ich brauche nicht viele Worte. Das wichtigste ist gesagt, alles andere zu seiner Zeit. Zeit ist im übrigen das Stichwort. Zeit für ein alkoholfreies Radler, ehe es Dienstag ist.